Jugendhockey

Viel Licht, aber auch ein paar Schattenflecken

Beobachtungen der Bundestrainer beim U15-Hallen-Länderpokal in Darmstadt

 

19.12.2017 - Die Jugend-Länderpokale der Verbands-Auswahlmannschaften sind stets eine willkommene Chance der Überprüfung und des Vergleichs der deutschen Talente. Beim jüngsten U15-Hallenpokal in Darmstadt machten die Nachwuchs-Chefbundestrainer Valentin Altenburg und Akim Bouchouchi einmal mehr Gebrauch. Nachstehend ihre Beobachtungen vom Rhein-Pfalz-Pokal der Jungen und vom Berlin-Pokal der Mädchen.

 

Insgesamt freute sich Bundestrainer Valentin Altenburg als sportlicher Beobachter der männlichen Seite beim Länderpokal in Darmstadt über ein gutes Niveau mit hohem Wettbewerbsfaktor: „Sieben Mannschaften haben mit ernsthaften Ambitionen um den Titel mitgespielt. Sehr erfreulich ist die inzwischen stabile Wettbewerbsfähigkeit bei Hessen, Baden-Württemberg und Bayern, die in Feld wie Halle um die Halbfinalplätze mitspielen.“
Das Endspiel gewann der HBW verdient mit 2:0 gegen Bayern. Altenburg: „Herzlichen Glückwunsch an die HBW-Jungs! Das Trainerteam um Torsten Althoff und Lukas Koch hat das Spiel der Jungs mit jedem Spiel weiterentwickelt und das Team ganz hervorragend auf das Endspiel eingestellt.“
Einen großen Anteil am kuriosen Einzug von Baden-Württemberg in die Halbfinals mit nur zwei Punkten aus drei Gruppenspielen hatte HBW-Torhüter Danneberg. „Jean hat seine Mannschaft bis ins Finale gehalten“, so Altenburg, der sich insgesamt von den Torhüter-Leistungen begeistert zeigte. Baden-Württemberg konnte sich im Laufe des Turniers kontinuierlich steigern und hatte in Peer Hinrichs seinen kreativen Dreh- und Angelpunkt. Bayern wiederum erntete die Früchte der guten Arbeit der letzten Jahre. „Eine tolle Truppe mit starkem Zusammenhalt, ansteckender Leidenschaft und einem starken Björn Szerdahelyi“ wurde am Ende verdient Vizemeister. „Ich hoffe sehr, dass die herausragende Arbeit, mit der Sven Lindemann Bayern in den letzten Jahren zur alten Stärke zurück geführt hat, auch in Zukunft so konsequent fortgesetzt werden kann“, äußerte Altenburg seine Bedenken ob der Trennung von Lindemann im Sommer diesen Jahres.
Lobende Worte fand Altenburg auch für die Leistung der drittplatzierten Berliner Mannschaft. Besonders am Samstag zeigten die Berliner das beste Hallenhockey aller Mannschaften. Zu den besten Spielern am gesamten Wochenende gehörten sowohl Berlins Torwart Bendix Denkmann als auch Kapitän Matteo Poljaric. Besonders erfreut war der Bundestrainer über die Leistung der Vertretung aus Rheinland-Pfalz/Saar. „Angeführt von Leo Buchholz war das seit längerer Zeit endlich wieder ein spielerischer Lichtblick mit richtig gutem Hallenhockey“, so Altenburg über die auf Rank vier platzierten Süddeutschen.
Verständnis fehlte dem Bundestrainer für die schwachen Auftritte der Teams aus West und Nord. Vorjahressieger Hamburg erspielte sich „ohne Qualität und geprägt von fehlender Einstellung“ am Ende noch einen schmeichelhaften fünften Platz. Einzig der Leistung von Zino Aufenacker konnte der Bundestrainer etwas abgewinnen. Der WHV scheiterte bereits überraschend und zu Recht in der Gruppenphase. Altenburg zeigte sich unzufrieden ob der „taktischen Planlosigkeit im Ballbesitz“ einer mit angehenden Nationalspielern gespickten Mannschaft. „Das war alles ganz nett, aber zu wenig Wirkung für Nationalspieler“, äußerte Altenburg seine Unzufriedenheit über die Leistung der Top-Talente des WHV, die am Ende ohne Sieg sang- und klanglos Sechster wurden.
Hessen hielt mit hohen Siegen am Sonntag verdient die Klasse und war am Samstag sogar am Halbfinal-Einzug dran. Altenburg: „Dass Hessen zurück auf der Hockey-Landkarte ist und zu den Top-Teams in der Halle zählt, ist richtig wichtig. Die Tendenz geht insgesamt klar nach oben.“ Viele talentierte Spieler, stark angeführt von Kapitän Aron Flatten, die hervorragend eingespielt waren, wurden am Ende mit starken Leistungen trotzdem unglücklicher Siebter.
Hinter diesen Top 7 zeigte sich an diesem Wochenende dann eine große Leistungslücke zu den unteren sechs Verbänden. „Die Zwei-Klassen-Gesellschaft ist nicht schön und nicht wegzudiskutieren“, so U16-Bundestrainer Benedikt Schmidt-Busse, der zusammen mit Altenburg und seinen beiden Co-Trainern Phil Tangerding und Stefan Zeller als Spielbeobachter vor Ort war. Mitteldeutschland und Hessen konnten hierbei jeweils die Klasse halten und die Angriffe aus Niedersachsen und Bremen abwehren. Schleswig Holstein, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern belegten dahinter die Plätze 11 bis 13.
Sonderlob bekam der deutsche Schiedsrichter Nachwuchs. Bundestrainer Altenburg, der aktuell viele Spiele der stärksten Hockeyliga der Welt anschaut und beobachten lässt, äußerte sich verwundert über die Diskrepanz zwischen den Schiedsrichter-Leistungen in der Jugend und im Erwachsenenbereich. „Ich glaube, wir sollten uns vermehrt trauen, talentierte Schiedsrichter unabhängig von ihrem Alter und Erfahrungsschatz in unseren höchsten Klassen zum Einsatz kommen zu lassen.“ Altenburg beobachtet schon seit mehreren Jahren, dass „die jungen Schiedsrichter und ihre Leistungen beim Länderpokal einen hohen Respekt bei Spielern und Trainern hervorrufen. Da herrscht ein gutes Miteinander zwischen allen Akteuren.“ Davon, so Altenburg, seien wir in der Bundesliga aktuell leider weit entfernt. „Wenn ich höre, dass wir Clubs in der Hockeyliga haben, zu denen immer mehr Schiedsrichter nicht mehr angesetzt werden wollen, dann ist es höchste Zeit, über ein anderes Miteinander nachzudenken.“

Ordentliches Niveau bei den Mädchen, aber wenig Überraschungen

„Wir haben einen guten Länderpokal erlebt. In der Mädchenkonkurrenz waren die Spiele überwiegend auf ordentlichem Niveau und mit viel Offensivhockey, allerdings mit wenig Überraschungen“, fasste Bundestrainer Akim Bouchouchi seine Beobachtungen zum Berlin-Pokal zusammen. Mit den beiden Finalisten aus dem Westen (Foto) und Baden-Württemberg sind nach seiner Auffassung „die stabilsten Teams ins Finale gekommen, wobei Ba-Wü über das gesamte Wochenende das deutlich konstanteste Team war“. Vor allem Jule Fischer, Isabella Schmidt und Leonie Weißenberger im Tor haben durch gute Leistungen überzeugt. Allein die Tatsache, dass sie im Finale zwei Mal einen Rückstand egalisiert haben, zeigt die Moral dieser Mannschaft. Das WHV-Team hat am Samstag noch ein bisschen gebraucht, um sich zu finden, war aber am Sonntag sehr stark. Sicherlich war die Siegermannschaft des WHV jene mit der breitesten Besetzung. Besonders hervorzuheben sind Marie Hahn und Antonia Lonnes.
Allerdings waren mit Bayern, Berlin und Hamburg drei Mannschaften dicht dahinter, von denen jede auch den Sprung in das Finale hätte schaffen können. Bei Bayern fielen Cara Sambeth und Nora Weigand positiv auf, das junge Berliner Team hatte mit Linnea Weidemann, Michaela Wienert und Sarah Kardorf die auffälligsten Spielerinnen. Bouchouchi: "Hamburg hat leider den Start am Samstag etwas verschlafen und musste daher am Sonntag in das Spiel um Platz fünf. Mit Jette Fleschütz, Felicia Wiedermann und Lia Becker sind in dieser Mannschaft drei herausragende Spielerinnen, allerdings fehlte der Mannschaft etwas die Breite." 
Die Überraschungsmannschaft für den Bundestrainer war Bremen. Die extrem jungen Bremerinnen (vier Spielerinnen des Jahrgangs 2004) hatten sich frech mit ihren Siegen gegen Hamburg und Rheinland-Pfalz/Saar ins Halbfinale gespielt. Dort mussten sie sich aber dem Westen klar geschlagen geben. Bouchouchi: „Man kann davon ausgehen, dass die Bremer uns in den nächsten Jahren viel Freude machen werden. Mit Lena Frerichs haben sie eines der vielversprechendsten Talente der nächsten Jahre in ihren Reihen. Zudem war Paula Weissgräber ein großer Rückhalt im Tor."
Hessen und Rheinland-Pfalz/Saar fielen im Vergleich etwas ab und gerieten daher nicht ganz zu Unrecht in die Abstiegsrunde. Bei Hessen fielen vor allem Elissa Mewes, Zoe Wohlleben und die sehr starke Torfrau Johanna Basilico auf. RPS hatte mit Lisa Mayerhöfer eine spielbestimmende Spielerin, es fehlte aber deutlich an Breite in der Mannschaft. Daher konnte sich Niedersachsen im Relegationsspiel nicht zu Unrecht gegen RPS wieder in die obere Konkurrenz kämpfen. „Mit Luisa Fasold und Filippa Niebuhr haben sie zwei spannende Spielrinnen in ihren Reihen“, so der Bundestrainer. Die Mannschaft aus Mitteldeutschland hat über das ganze Wochenende überzeugt. Leider fehlte ihnen in den entscheidenden Spielen gegen Niedersachen und gegen Hessen die Durchsetzungskraft vor dem Tor. Bouchouchi: „Ansonsten haben sie sehr ansehnliches Kontakthockey gespielt. Mit Joleen Müller, Tanja Pöthe und Karen Heck haben sie richtig interessante Spielerinnen.“ Die Mannschaften aus Brandenburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind beim Turnier etwas abgefallen, was die teils hohen Ergebnisse aus den Gruppenspielen zeigen.
Auch zum Gastgeber TEC Darmstadt äußerte sich der Bundestrainer: „Die Ausrichtung und Organisation war liebevoll und gut. Das Turnier wurde gewohnt professionell geführt und begleitet. Ich bin immer sehr gerne in Darmstadt.“

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29. März 2024
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